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Und Wimperntusche hatten sie auch nicht...
Die Ölspur Backnang – Schweighofen einmal anders erlebt  

Böse Zungen behaupten, das sich zwischen Backnang-Heiningen (EDSH) und Schweighofen  (EDRO) eine dicke Ölspur befinden müsse. Grund ist, das  diese navigatorisch recht einfache Strecke irgendwann zur Rennstrecke für jene  Heininger Flieger verkommen ist, die noch einen Flug von mehr als 100 Kilometer für ihre Scheinverlängerung brauchten.

Nun man kann diese Strecke auch anders erleben:

Der Weg zum Ziel:

Pünktlich um 12 Uhr treffen wir (meine Mitfliegerin und ich) am Flugplatz in Backnang Heiningen ein. Der Flieger, unsere Vereins Grob 109B, ist auch schon da. Der „Vorbenutzer“ putzt mir sogar noch extra Propeller und Scheibe.

Allerdings fehlt das Bordbuch. Dieses befand sich, wie sich später herausstellte im Koffer eines Vereinskameraden.  Was nun?

Ich entscheide mich trotzdem zu fliegen und das Risiko eines Bußgeldes in Kauf zu nehmen, wohl wissend, das mein Flugzeug glücklicherweise nicht lesen kann und deshalb nicht weiß, das es ohne Papiere fliegt. Das der Flieger technisch und von der Lizenzierung in Ordnung ist weiß ich, auch sind noch genügend Stunden bis zur nächsten Wartung offen. Sicherheitshalber wird  als „Ersatzbordbuch“ die komplette L-Akte des Flugzeuges eingepackt, das sollte als Wartungs- und Prüfnachweis reichen. Wir haben gut Wind auf der Bahn und meine Mitfliegerin wiegt merklich weniger als ich, so gibt es auch kein Gewichts- und Startstreckenproblem trotz der zusätzlichen Menge Papier und gut 70 Litern Sprit..

Nun zur Flugplanung: Eigentlich wollten wir nach Speyer, doch Speyer hat bei dem zu diesem Zeitpunkt herrschendem starken Westwind 15 Knoten Seitenwind auf der Bahn (wie ein Anruf vor Ort klärt) und das muss nicht sein, wenn im Flughandbuch irgendetwas von 20 Km/h zulässiger Seitenwindkomponente steht. So ein Spornradflieger kann dann  nämlich schon mal giftig werden. Also umdisponiert auf Schweighofen und einem Besuch in Wissembourg, einem wunderbarem mittelalterlichem französischem Städtchen am Rand des Elsasses.

Der Hinflug verläuft unter einem strahlend blauem, nur mit einzelnen Wolken gespickten Himmel zwar recht langsam, da der starke Gegenwind die Groundspeed der unserer Grob doch merklich reduziert, aber ansonsten ereignislos. Ein normaler schöner Genussflug eben.  

In Schweighofen am Flugplatz ist ausnahmsweise nichts los, da die dortigen  Fallschirmspringer aufgrund des starken Windes am Boden blieben. Dieser steht allerdings, wie erwartet direkt auf der Bahn und so verläuft die Landung problemlos.

Angekommen und wohlgefühlt:

Den Flieger vor dem Flugleiterhäuschen abgestellt, Parkbremse gesetzt,  Schwätzchen mit dem Flugleiter gehalten (Landegebühr zahlen wir Heininger hier ja dankenswerterweise nicht), und los geht es zu Fuß über die Grenze nach Frankreich Richtung  Wissembourg. Ja liebe Backnanger Fliegerkameraden, das geht auch zu Fuß und nicht nur mit der Bahn aus Eisen. In knapp 30 Minuten sind wir da. Das Wetter ist windig, schön und sonnig. Kurz hinter dem Wissenbourger Ortseingang  entdecken wir dann einen Supermarche und Frau meint, da müsste sie auf dem Rückweg noch rein und ihre französische Wimperntusche kaufen.

Wir haben dann bei strahlendem Sonnenschein Wissembourg erkundet, den Dom besucht und guten französischen Cafe au Lait in einer Nebenstrasse abseits des Touristenrummels genossen. Dieses wirklich schöne mittelalterliche Städtchen ist gerade abseits der Hauptstraße sehr zu empfehlen.

Irgendwann ging es dann auf den Rückweg immer noch bei strahlendem Sonnenschein, bis zu besagtem Supermarche. Ja da war dann noch die Wimperntusche... Also gut Frau rein in den Supermarche, Mann hinterher (Standardkonfiguration?). Frau Wimperntusche gesucht und die gesuchte Wimperntusche natürlich nicht gefunden! Dafür aber eine gute ½ Stunde am Spirituosenregal verbracht und einige edle Fläschchen gefunden,  Mann findet natürlich auch den guten französischen Cidre und ist an der Aufenthaltsdauer im Konsumtempel massivst mitbeteiligt, zumal er noch eine Grundschulung in Rumqualitäten abbekommt. Jedenfalls, bis wir wieder draußen waren, den Rucksack mit der Einkaufsbeute gut gefüllt, ist gut eine ½ Stunde vergangen.

Die Überraschung:

(der Wetterbericht prophezeite es schon vorher!)

Draußen trifft mich schier der Schlag,:
Nix mehr mit blauem Himmel:  Von Norden drückt es massivst und schnell dunkle und dunkelste Wolken herein. Der ohnehin kräftige Wind hat auf Nord gedreht und böig aufgefrischt. Unsere Grob steht, frei auf der zugewiesenen Abstellposition am Flugplatz ohne Tie-Downs, nicht festgebunden.

Der Gedanke daran führt wohl zu dem, was meine Mitfliegerin später zutreffend so beschreibt: „Und Deine Schritte wurden immer schneller!“ Wir bewegten uns also zügigst zurück zum Flugplatz während uns der Wind lose Blätter und kleines Astwerk um die Ohren pustet. Gnädigerweise regnet es nicht, so bleibt uns  wenigstens die kalte Dusche erspart. Endlich kommen wir am Flugplatz an und der Flieger steht noch da, wie wir ihn abgestellt haben. Das verwandelt meine innerlichen Stossgebete in Dankgebete. Wir fix die Spirituosenausbeute (nein nix Aloholiker, das ist ein Jahresvorrat!) im Flieger verstaut.

Allerdings haben wir nun 15-20 Knoten böigen Seitenwind aus Nordnordwest genau quer zur Piste 26. (Wir erinnern uns, da war doch noch was, weshalb wir NICHT nach Speyer geflogen sind.) Also auf das Flugleiterhäuschen sich die Situation anschauen. Der Flugleiter meint er hätte gerade eine G109, die landen wollte wieder weggeschickt und rät mir von einem Start unter diesen Bedingungen ab.

Und es geht doch:

Das genaue Betrachten des wolkenverhangenen Himmels zeigt aber, das vom Norden her eine Wolkenlücke sich auf uns zu bewegt. Ich spekuliere, das nach dem Abzug der gerade über uns stehenden massiv quellenden Wolke wenigstens die Böigkeit weg seien sollte.

So beschließe ich zum Rollhalt der 26 zu rollen und dort abflugbereit auf ein Abflauen des Windes und vor allem der Böigkeit zu warten.  Kaum ist die Grob warmgelaufen und der Startcheck gemacht, trifft das tatsächlich ein und es sind jetzt nur noch gute 15 Knoten, die  quer zur Bahn gleichmäßig wehen.

Also den „laut-leise-Hebel“ auf „laut“ gestellt und voll gezogen im Lee der Baumreihe nördlich vom Platz angerollt. Querruder in den Wind. Bei 70 Km/h den Schwanz recht deutlich hochgelupft, damit der Vogel nicht das Springen anfängt  und mit vollem linken Seitenruder den Querwind ausgeglichen. Bei 85 abgehoben und dann mit  30 Grad Vorhaltewinkel weiter beschleunigt.

Natur grandios:

In der Luft stellt sich die Situation dann so dar:
Nach Osten Richtung Karlsruhe ist es offen, ebenfalls nach Süden, das Rheintal runter. Der Nordschwarzwald ist mit Schauern dicht und im Norden bei Bruchsal steht die nächste massive Wand. Aber zwischen Karlsruhe und Bruchsaal ist eine deutliche Lücke sichtbar.

Wir fliegen erst einmal Firewall forward mit 170 Km/h + Rückenwind in topfebener Luft auf Karlsruhe zu,  mit der Fluchtoption Rheintal und Söllingen, falls wir nicht nach Osten durchkommen. Durch das Wolkenloch nördlich von Karlsruhe zwinkert uns die Sonne zu und verzaubert die Schauer über Bruchsaal zu einem Regenbogen.

Slalom:

Querab von Karlsruhe ist  dann klar, das es nach Osten weitergeht, und auch  die Fluchtoption Richtung Nordosten nach Hall offen ist. Die Basis der mittlerweile 5/8 Bewölkung liegt so bei 2600  bis 2800 Fuß, mit einzelnen aus den Schauern herausfallenden „Rotoren“ bei 2200 Fuß. Vor uns stehen zwar viele Schauer relativ dicht, die sich aber nicht zu Schauerlinien verbinden.

Die nächsten 15 Minuten verbringe ich also damit Schauerslalom Richtung Osten zu fliegen und mich 2-3 mal unter so einem „Böenrotörchen“ hübsch langsam mit 150 Km/h in 2200 Füßen durchzumogeln. Navigatorische Hilfe leistet hierbei neben der guten ICAO-Karte noch das Drehfunkfeuer LUBU-VOR, das seit Karlsruhe gut empfangbar ist. Je weiter wir nach Osten vordringen, desto mehr zeigt sich, das es nach Norden hin offener wird, das heißt ein  Ausweichen nach Schwäbisch-Hall ist  problemlos möglich, was mich ungemein beruhigt. Dankenswerterweise zeigt auch meine Mitfliegerin keine Anzeichen von Panik oder Übelkeit, obwohl es hin und wieder schon ein wenig bockelt.

Bei Lauffen treffen wir dann auf dem Neckar, müssen noch einem Schauer ausweichen und mogeln uns knapp nördlich am Sperrgebiet vom Kernkraftwerk Neckarwestheim mit seiner charakteristischen Kühlturmwolke vorbei.

Die letzte Etappe:

Ab hier ist es aber nun  südöstlich Richtung Großbottwar und Völkleshofen zappenduster. Nach Nordosten  ist es weiterhin bis auf vereinzelte Schauer frei. Ich bin gezwungen nördlich Richtung Beilstein und dann Spiegelberg entlang der Löwensteiner Berge auszuweichen, immer auf der Suche nach einer umkehrsicheren Lücke. Diese zeigt sich dann endlich über Spiegelberg, von hier ist durch einen leichten Schauer mit einer Basis von 2300 Fuß der Blick bis auf Sulzbach ins Murrtal frei. Deutlich kann man auch sehen, das der Welzheimer Wald fliegbar ist.  

Also nicht wie durch, den Flieger kurz geduscht und über Sulzbach und Oppenweiler stechen wir ins Backnanger Becken. Dieses empfängt uns mit teilweisem Sonnenschein und einem Schauer der sich gerade vom Backnanger Industriegebiet auf den Heininger-Flugplatz zubewegt. Richtung Osten stehen nur ein paar einzelne Schauer und die Sicht ist grandios klar bis zur Alb runter.

Die Landung:

Jetzt geschwind in Heiningen zur Landung gemeldet und die Grob auf das lange Endteil für die Piste 29 gesetzt. Den Propeller umgeschaltet, Benzinpumpe und Landescheinwerfer an, die Vergaservorwärmung war bei der feuchten Luft eh schon aktiv.

Nun konnte  ich schön beobachten wie der Schauer sich vom Backanger Industriegebiet über unseren Flugplatz legte! Zirka 1 Kilometer vor der Schwelle erwischte er uns dann. Folglich etwas schneller geflogen damit Man(n) und Frau noch was sieht, da unterhalb von 130 das Wasser auf der Scheibe stehen bleibt und das Flughandbuch das bei Regen auch empfiehlt.. Der Flugleiter sagt mir den Wind, direkt auf der Bahn, was sich 500 Meter vor der Schwelle als massivst falsch erweist, weil ich auf einmal 15 Grad Vorhaltewinkel nach Norden habe.

300 Meter vor Pistenbeginn ging es dann noch mal massivst abwärts und ich musste sogar noch Gas nachlegen. Direkt vor der Schwelle dann mit den Klappen die Fahrt reduziert und beim Ausschweben durch die Fußfenster nach den Landebahnreitern gepeilt, den vorne raus gab es jetzt nur noch Wasser zu sehen. Unsere Grob setzte sich wunderbar sanft hin unter den kritischen Augen der neugierigen Kantinebesatzung. Uns blieb dann nur noch zur Halle zu rollen und den Flieger dann in der Halle komplett abzuledern, gewaschen war er ja nun schon!

Fazit:

In Zukunft werde ich sorgfältiger überlegen, wo und wie ich an fremden Plätzen unter Berücksichtigung des Wetterberichtes meinen Flieger abstelle. Damit ich nicht so schnell laufen muss. :-)

Vieles ist fliegerisch möglich, wenn man sich jeweils eine „Fluchtoption“ offenhält, diese war während des gesamten Rückfluges gegeben. Wichtig ist aber auch hier eine gute Crew Koordination. Mit einem nervösen Passagier wäre ich garantiert auf einem bequem zu erreichendem Ausweichplatz wie Schwäbisch-Hall gelandet.

Und sie hatten doch nicht die richtige Wimperntusche ...

(also beim nächsten Besuch einen anderen Supermarche suchen)

Credits:

An die Firma Burckhard Grob Aerospace, Mindelheim, die ihre fliegenden Harzbollen grundsolide und verlässlich gebaut hat. G109B rules forever!

An Claudia F., die mein Lauftempo durchhielt und sich im Flieger einfach wohlgefühlt hat. Du bist Schlechtwettertauglich, mit Dir fliege ich jederzeit gerne wieder.

An Guki, der mir ein wenig von der nötigen fliegerischen Situation Awareness beigebracht hat  nachdem andere Fluglehrer schon schier am Verzweifeln waren.

An den guten französischen Cidre und die Musik von Wilson Phillips, die diese Schreibe beflügelt haben.

Postscriptum:

Ähnlichkeiten mit lebenden Personen und realen Ereignissen sind rein zufällig. 

 

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